Geiranger

Geiranger

Heute ist es passiert. Ich habe abgegeben. Komplett abgegeben. Norwegen hat mich geplättet. Die heutige Tour über den Pass zum Geiranger Fjord hat alles bisher gesehene getoppt und in den Schatten gestellt. Als wir oben über dem Himmel auf dem Skywalk stehen muss ich weinen vor soviel Schönheit. Aber eins nach dem anderen.

Am Morgen brechen wir auf und sind voller Zweifel, ob das heute was wird mit Aussicht, weil alle Berge um uns herum in dicken Wolken hängen und die Gipfel nicht zu sehen sind. Ich mache uns Mut, da wir am Vortag trotz Regen einen tollen Tag hatten. So fahren wir an „unserem“ See entlang, bis wir zu der Stelle kommen, wo der Passaufstieg beginnt.

Knapp unter den Wolken ist ein Hotel im Berg zu sehen, vermutlich dort, wo der große Wasserfall in die Tiefe stürzt. Drei sehr hohe Wasserfälle kommen vom rechten Berg aus großer Höhe herunter und geben einen Vorgeschmack auf die andere Seite. Zumindest das, was man unter den Wolken noch sieht.

Auf Höhe des Hotels finden wir den Parkplatz für den Wasserfall. Wir sind jetzt voll in den Wolken. Es regnet nicht, aber man wird nass. Schade, daß die Wassermassen nicht voll zu sehen sind, trotzdem bietet sich ein imposantes Schauspiel. Und laut ist es.

Die Gischt bringt uns zusätzliche Nässe und nachdem wir uns satt gesehen haben, gehen wir zurück zum Auto, wo uns ein paar Ziegen aus dem Nebel heraus wie versteinert anglotzen. Ziegen, die auf Menschen starren?

Und weiter geht es aufwärts. Frank muss sich ziemlich konzentrieren, weil man kaum 50 Meter weit sieht und die Straße immer enger wird. Manchmal kommt was entgegen und man kann kaum ausweichen. Nicht selten keine Befestigung mehr. So ungefähr oben angekommen plötzlich irgendwo im nirgendwo Menschen. Viele Menschen, meist junge, mit Snowboard unterm Arm. Wir sind mitten im Skigebiet gelandet! Im Sommerskigebiet. Lifte sind im Betrieb, hier muss ein Gletscher sein.

Ein kleines Stück geht es noch weiter, bevor wir das Hochplatteau erreicht haben und die Teerstraße in eine einspurige Schotterpiste übergeht. Immerhin sind regelmäßige Ausweichbuchten angelegt. Die braucht man auch dringend, denn man glaubt kaum, was sich hier oben für Leute tummeln. Naja, wir ja auch. Da wir jetzt so hoch sind, lassen wir auch die Wolken hinter uns und die Sonne kommt raus. Schneefelder, Steine, Seen und Schmelzwasserläufe prägen die Landschaft. Unwirklich aber schön. Eine einsame Hütte in der Ferne.

So kämpfen wir uns weiter durch diese unwirkliche Mondlandschaft, die so kalt und lebensfeindlich an uns vorbei zieht. Mittlerweile ist die Temperatur auf 4 Grad gefallen, trotz Sonne. In einigen Ecken stehen Camper.

Und dann sind wir fast am Ziel, ein flaschengrüner Bergsee, der an einer Seite noch Eis trägt, ein einsames Hotel und die Zufahrt zum Geiranger Skywalk. Lässt man sich aber gut bezahlen. Egal. Jetzt wollen wir da hoch.

Auch hier sind natürlich wieder abenteuerliche Serpentinen zu bewältigen, um das letzte Stück bis zum Gipfel zurückzulegen. Oben angekommen das übliche Touri-Getummel, aber wir sind überrascht, daß es sich noch in Grenzen hält. Warum sehen wir später, als wir wieder runter fahren und uns die großen Reisebusse entgegen kommen. Wir waren einfach früh genug dran.

Oben also das übliche Bild. Selfies machen, posen, Souvenirs kaufen. All das alberne Gehampel. Ein wenig enttäuscht stellen wir fest, daß im dem Tal des berühmten Fjordes noch immer Wolken herumwabern, trotzdem ist der Blick hier oben grandios!

Wenn man auf das Gitter geht, das über dem Abgrund montiert ist, den Blick nach unten frei gibt und dann auch noch an die Glasbalustrade heran tritt, wird einem ganz schön schwindelig. Ich überwinde meine Angst und tu es trotzdem, die Aussicht ist einfach umwerfend. Und weil wir so tapfer sind, werden wir mit einem Wolkenfenster belohnt. Der Nebel verzieht sich für ein paar Minuten und gibt den Blick auf den Fjord frei.

Wir schnappen nach Luft und glauben nicht, was wir sehen. Ist das so schön. Mir werden die Augen feucht, so gerührt bin ich von dieser umwerfenden Landschaft. Und ganz erfürchtig wird man von dieser Schöpfung der Natur und daß man das sehen darf.

Aber wir müssen ja auch wieder herunter. Unterhalb des Skywalks halten wir nochmal an, hier ist es ruhiger und wir genießen erneut.

Und damit ihr eine Vorstellung bekommt, wie hoch die Schneebretter so sein können ein Vergleich, Frank – Schnee, Schnee -Frank.

Und da müssen wir runter:

Und das sehen wir beim Runterfahren:

Hinter jeder Kurve ein neuer, atemberaubender Blick. Entweder ins Tal, oder auf Wasserfälle, in Nebentäler oder das Panorama. Je weiter wir runter kommen, umso üppiger die Vegetation. Farne, Blumen und Bäume. Ganz viele Lupinen, aber auch Eisenhut in lila, passend dazu der echte Baldrian in rosa. Herrlich anzusehen.

Den Ort am Ende des Fjords lassen wir gleich links liegen, hier steppt der Bär. Restaurants und Souvenirläden reihen sich aneinander. Möwen versuchen, sich Essen zu ergattern. Für einen gutem Blick in den Fjord fahren wir auf der gegenüber liegenden Seite hoch bis zur Aussichtsplattform wo sich auch allerhand Volk tummelt und gehen von da aus über einen kleinen Fußpfad Richtung Wasserfall.

Auf dem spitzen Berg da oben links im Bild, da ist der Skywalk. Kann man das glauben, daß man da vor einer Stunde noch gestanden hat?

Wir überlegen, wie es weiter gehen soll. Für 150 Euro die Fähre nehmen und eine Rundreise machen oder die gleiche Stecke retour fahren. Wir entscheiden uns gegen die Fähre, da wir für die 150 Euro lieber nochmal eine Sauna mieten und essen gehen wollen. Wir haben schon so viele umwerfende Aussichten heute gehabt, dass wir eh schon „overdosed“ sind und die Eindrücke verarbeiten wollen. Außerdem haben wir den Pass heute morgen wegen der Wolken ja gar nicht richtig gesehen. Also retour, im Ort (weil einzige Möglichkeit) sich zur Beschaffung einer Pizza ins Getümmel gestürzt, eine vergessene Postkarte geschrieben und auf den Weg gemacht. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß der beste Ehemann von allen einen Höllenspaß dabei hat, die Kurven hoch zu Heizen, so wie er grinst. Ich bin froh, seefest zu sein.

Wie gut, daß wir uns für die Rückfahrt entschieden haben. So sehen wir die Landschaft vom Vormittag auch ohne Nebel und im Sonnenschein. Wunderschön. Auf das Skigebiet zeigt sich jetzt.

Sowie die Wasserfälle und das Tal:

Und als wir dann endlich bei unserem Georgie zurück sind, offenbart sich auch mal der Blick über den See, den wir seit wir hier sind noch nicht hatten. Ein schöner Platz am Ende eines schönen Tages.

Norwegen, du hast mich umgehauen.

One thought on “Geiranger

  1. Ich musste etwas grinsen beim Lesen. Bei deiner bisherigen Begeisterung für die norwegisch Bergwelt dachte ich öfter mal, wie es dir dann erst in Fjordnorwegen ergeht. 😉
    Ich selbst bin absoluter Fan von Nordnorwegen, am allerliebsten bin ich in der Finnmark. Aber kein Anblick hat mich heute so krass beeindruckt wie vor sechs Jahren der Blick auf den Fjord vom Aussichtspunkt Stegastein aus oder während der Fahrt mit Fähre von Flåm in den Aurlandsfjord. DER HAMMER! So kann ich deine Begeisterung wirklich sehr gut nachempfinden und fühle gleich wieder meine eigene von damals. Man kann diese Welt nicht beschreiben und kein Bild kann sie widergeben. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes unbeschreiblich. Und überwältigend.

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