
Thema: Transplantation oder: ein kleiner Exkurs in den Alltag einer Wartenden
Dieser Lesebeitrag hat nur indirekt mit Reisen zu tun und zwar insofern, dass man sich im Transplantationszentrum abmelden muss, sobald man den 4-Stunden Radius um die Klinik verlässt. Dann meldet man sich „NT“ (nicht transplantabel) und wird von der Zeit von der Liste genommen. Gleiches erfolgt auch bei Erkrankung, Krankenhausaufenthalten und wenn man dem Impfstatus nicht entspricht. Dieser wird jedes Quartal mit einem Antikörperscreening geprüft und sobald ein Wert unter 10.000 fällt, heißt es: antreten zum Impfen. Zum Beispiel Hepatitis und so weiter.
Was man regelmäßig erledigen muss
Trotzdem noch ein paar Anmerkungen mehr zur Transplantation. Um den Status „transplantabel“ zu erhalten, müssen individuell je nach Vorerkrankung jährlich diverse Untersuchungen absolviert werden. Bei mir wären das: Zahnstatus, Gynaekologie, Röntgen Thorax, CT Becken, Sonar Bauch, Herzecho, Belastungs EKG und normales EKG. Zu den meisten bringt man spezielle Formulare mit, die der Arzt dann ausfüllt und man diese der Transplantaionsbeauftragten zukommen lässt. In der Radiologie gibts eine CD, die man hinschickt. Im ersten Jahr waren zudem der Hautarzt und der Urologe, sowie der Gefäßchirurg und Augenarzt zu absolvieren. Alleine die Organisation dieser ganzen Termine, von der Vereinbarung bis zur Wahrnehmung ist ein Fulltimejob, man hat ja auch noch die Routinechecks beim Nephrologen alle 5-6 Wochen, bei mir die Rheumatologie, regelmäßig der Zahnarzt (Folgen der Knirscherei) und alles, was sonst noch so ansteht, zu managen. Da bin ich sehr froh, daß ich in Erwerbsminderungsrente bin. Mit einer 40-Stunden Woche wüßte ich gar nicht, wie ich das alles geregelt bekäme, auch kommen ja immer wieder stationäre Aufenthalte vor.
Was nerven kann
Was mich aber eigentlich bei dem Thema am meisten nervt, ist die wohlgemeinte Fragerei von Außenstehenden, die das ja aus Interesse tun, aber mich oft mies drauf bringt: weißt du, wann die Niere kommt? Hast du schon was gehört? Nein, weiß ich nicht, habe ich Nicht. Sagt man mir ebensowenig, wie auf welchem Platz der Liste ich stehe. Und wie lange wartest du schon? Jetzt seit fünf Jahren und es kann nochmal fünf dauern oder länger, die aktuell durchschnittliche Wartezeit auf eine Niere liegt in Deutschland bei elf bis dreizehn Jahren. Weil unsere tolle Politik seit Jahren um die Wiederspruchslösung herumeiert, statt es wie alle anderen Europäer endlich durchzusetzen. In Spanien beispielsweise wartet man nur 2-3 Jahre. Und wenn dann endlich eine Niere für mich kommt, wird die wahrscheinlich nicht aus Deutschland, sondern über Eurotransplant aus Tschechien oder Holland kommen… Das finde ich beschämend. Das große Problem ist, daß je länger man wartet ein umso höheres Risiko für Folgeerkrankungen besteht, zum Beispiel ist das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt um das 11-fache höher als normal. Nicht wenige Patienten versterben während der Wartezeit. Irgendwie bin ich also ständig mit Überleben beschäftigt…
Befreit euch!
Es gibt Mitpatienten, die trauen sich nicht zu verreisen aus Angst, dann die Niere zu verpassen. Davon habe ich mich völlig befreit, denn ich habe ja trotzdem noch ein Leben und nur zuhause auf dem Sofa sitzen und warten, während das Leben an mir vorbeizieht, ist nicht mein Ding. Ich will Leben, in vollen Zügen und brauche den Input fremder Umgebungen, da fühle ich mich frei und lebendig. Wie gut, daß mein Mann genauso tickt und wir die idealen Reisepartner sind. Wir haben ein ähnliches Verständnis der Relation von Ruhe und Aktivität und ich könnte mir keinen besseren Begleiter als Frank wünschen.

Für den Fall, dass DER Anruf kommt, habe ich mir ein günstiges kleines Telefon (kein Smartphone) mit langer Akkulaufzeit zugelegt, das es mir erlaubt, mein reguläres Smartphone stumm zu schalten ohne Angst haben zu müssen, dass ich DEN Anruf verpasse. Sogar in der Sauna habe ich mein „Nephrohandy“ diskret in einem kleinen Täschchen dabei, wobei ich natürlich hoffe, dass es mich nicht gerade im Aufguss erwischt 🙂
Wie steht ihr persönlich zum Thema Transplantaion und Organspende? Würdet ihr die Wiederspruchslösung befürworten, habt ihr vielleicht sogar selber einen Spenderausweis? Wir freuen uns über einen regen Austausch in den Kommentaren!